30er Jahre

Bereits am 5. März 1929 beschloss der Schulausschuss, die im Bau befindliche Volksschule, "Pestalozzi-Schule" zu nennen. Das gesamte Schulgrundstück umfasst eine Größe von 17.900 Quadratmetern einschließlich Frei- und Grünflächen. Es beinhaltet neben dem Schulgebäude einen 100 x 50 Meter großen Sportplatz, einen 45 x 50 Meter großen Turnplatz, einen 30 x 75 Meter großen Schulhof und einen Schulgarten. Das 100 Meter lange, leicht gebogene, viergeschossige Hauptgebäude besitzt einen 23 Meter hohen Turm und einen Flügelanbau. Im Schulgebäude befanden sich 24 Klassenzimmer von einer Größe von 6,5 x 8 m, die alle nach Süden zeigende Fenster haben. Außerdem gab es „einen Singsaal, ein Kombinationszimmer, einen Werkraum für Holz- und einen für Papparbeiten, einen Zeichensaal, eine Lehrküche, eine Plättklasse, ein Nadelarbeitszimmer, ein Lehrmittelzimmer, eine Küche für Schulspeisung, einen Speiseraum, ein Zimmer für schulärztliche Untersuchungen mit Warteraum, ein Konferenzzimmer, drei Lehrerzimmer, ein Amtszimmer für den Schulleiter mit Warteraum, eine Schüler- und Lehrbücherei, eine vierräumige Hausmannswohnung und ein Schulbad mit zwei Umkleideräumen und 16 Brausen". Außerdem befinden sich noch im Schulgebäude eine Turnhalle von 11,75 x 22 Metern und eine 12 x 24 Meter große Aula mit Bühne, Empore und guter Akustik sowie Platz für 420 Sitzplätzen. Der Schulturm wurde mit einer 49 Quadratmeter großen Plattform ausgestattet, die einen guten Rundblick auf Rodewisch und Umgebung ermöglichte.

Schulspeiseraum

 

 

 

Die Schule erbaute man mit einem Kostenaufwand von rund 1,3 Mio. Reichsmark. In ihrer Schlichtheit und Zweckmäßigkeit entsprach sie allen Anforderungen, die in der damaligen Zeit an einen vorbildlichen Unterricht sowie an die Schulhygiene gestellt wurden. Als einzige Verzierung ließ der Architekt Beckert zwei Figuren aus Sandstein anbringen von denen eine die Erziehung im Elternhaus (Mutter mit Kind) darstellt und die andere die Erziehung in der Schule. Diese an der Südwestseite angebrachte Figur verursachte in Rodewisch heftige Diskussionen. Die von dem Bildhauer Georg Türke aus Dresden gefertigte Sandsteinfigur sollte auf Vorschlag der Stadt Rodewisch den Schulmeister Pestalozzi darstellen. Der Bildhauer nahm sich jedoch die künstlerische Freiheit, dem Kopf der Figur das Aussehen des damaligen Bürgermeisters Pfeifer zu geben. Dies erzeugte unter den Stadtverordneten Unverständnis, und man beschloss, auf der Stadtverordnetensitzung am 24. Oktober 1929, diese Figur entfernen zu lassen. Die Stadtverordneten besannen sich jedoch, und nach vielen Diskussionen sowie einigen Artikeln in der Presse, wurde am 25. November 1929 dieser Beschluss wieder aufgehoben, und die Figur konnte so wie sie war an ihrem Platz bleiben.

Nebeneingang mit Statue (KÖrper - Pestalozzi; Kopf - Pfeifer)Die Kinder nahmen die neue helle Schule mit Freude an. Der Unterricht konnte beginnen. Zu den ersten Lehrern, die an der Pestalozzi-Schule unterrichteten, gehörten unter anderem:

Herr Oberlehrer Rahm als Schuldirektor, die Lehrerinnen Frl. Beyer, Frl. Böttcher, Frl. Groß, Frl. Hascher, Frl. Niegel, Frl. Zwintzscher, die Lehrer Herr Jakob, Herr Irmscher, Herr Körner, Herr Krumbholz, Herr Laitzsch, Herr Müller I, Herr Müller II, Herr Neumärker, Herr Nigrini, Herr Schimpf, Herr Schober, Herr Schwarz, Herr Donner, Herr Erxleben, Herr Grün, Herr Hentschel, Herr Hötzel, Herr Hummel. Der erste Schulhausmann (Hausmeister) war Herr Willgeroth.

Es wurde in acht Klassen unterrichtet und von jeder Klassenstufe gab es jeweils vier Klassen. Den Unterricht in der 3. und 4. Klasse führte man in der Schillerschule durch. Die Kinder besuchten die Schule vom Montag bis zum Sonnabend.

Doch bereits nach wenigen Jahren fortschrittlichen Unterrichts endete dieser mit der Machtübernahme Hitlers im Jahre 1933. Innerhalb kurzer Zeit änderte sich das Bildungsziel, nicht die Ausbildung geistiger Fähigkeiten und die Erlangung von Wissen standen im Vordergrund, sondern das „Heranzüchten kerngesunder Körper" - als Ideal von Erziehung. Auch vor der Pestalozzi-Schule machte die „Nationalsozialistische Erziehung" nicht halt. Morgendliche Appelle und Hissen der Flagge gehörten zum Schulalltag sowie das „Strammstehen" vor dem Lehrer und die Grußpflicht zu Beginn jeder Unterrichtsstunde. Der Lehrer trat vor die stehende Klasse und sprach durch Erheben des rechten Armes die Worte „Heil Hitler" und die Schüler erwiderten dies. Ebenso wurde der Unterricht beendet. Die Erziehung der Mädchen und Jungen erfolgte teilweise getrennt. Die Mädchen wurden gezielt auf ihre Rolle als „Hausfrau und Mutter" vorbereitet. Dafür gab es an der Pestalozzi-Schule eine Lehrküche und ein Nadelarbeitszimmer. Die Jungen bereitete man auf ihre Rolle als Soldaten vor. An der Pestalozzi-Schule wurde während der Zeit der „Nationalsozialistischen Erziehung" der Unterricht nur von Montag bis Freitag durchgeführt, der Sonnabend war der "Körperertüchtigung" vorbehalten. Die Kinder, die nicht daran teilnahmen, mussten jedoch zum Unterricht.

Angestrebtes Ziel im „Dritten Reich" war, alle Jugendlichen in der Hitlerjugend (HJ) zusammenzuschließen. Aus diesem Grunde wurde am 22. Oktober 1934 in der Aula der Pestalozzi-Schule ein großer Werbeabend der HJ-Gefolgschaft durchgeführt. Nicht nur die Aula benutzte man für die verschiedensten nationalsozialistischen Veranstaltungen, sondern auch die Turnhalle und den Sportplatz für das Training in Vorbereitung von Reichssportwettkämpfen. Eine dieser Veranstaltungen war die am 26. Mai 1936 durchgeführte „Weihe der Schulfahne". Gleichfalls an diesem Tag wurde Herr Kurt Dörfel zum neuen Direktor der Pestalozzi-Schule berufen. An dieser Veranstaltung nahm die gesamte Lehrer- und Schülerschaft der Schule teil sowie Regierungsrat Müller, Bezirkschulrat Riedel, Vertreter der NSDAP Ortsgruppe Rodewisch, der Hitlerjugend (HJ), des Bundes deutscher Mädels (BdM), des Deutschen Jungvolkes (DJ) und Vertreter der Stadt.

Besonderes Augenmerk galt während der Kriegsjahre dem Sammeln von Altstoffen, denn diese waren wichtige Rohstoffe besonders in Kriegszeiten. So mussten sich alle Jugendlichen an der Sammlung beteiligen. Dies wurde sogar im „Verordnungsblatt des Sächsischen Ministerium für Volksbildung" vom 9. Februar 1943 festgelegt. Dabei wurden nicht nur Schrott, Papier und Textilien gesammelt, sondern auch Knochen.

An der Pestalozzi-Schule gab es neben den normalen Grundschulklassen auch die sogenannten „Begabtenklassen" und die „Hilfsschulklassen". So waren es zum Beispiel 1939 von 31 Klassen „24 Normalklassen, vier Klassen der höheren Abteilung und drei Hilfsschulklassen". Um den Unterricht in der „höheren Abteilung" noch effektiver gestalten zu können, wurde auf der Grundlage der Verordnung des Sächsischen Ministeriums für Volksbildung vom 11. Juli 1939, zur Stadtverordnetensitzung von Rodewisch am 8. September 1939 die Umwandlung der höheren Volksschulabteilung an der Pestalozzi-Schule in eine Mittelschule beschlossen. Die Anmeldungen für die ersten Mittelschulklassen erfolgten in der Zeit vom 20. November bis 10. Dezember 1939 und der Unterricht für diese Klassen begann zu Ostern 1940.